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Der Pygmalion-Effekt

Richard Petersen • 8. November 2024

Wie Erwartungen die eigene Leistung beeinflussen

Man wird, wie man gesehen wird – der so genannte "Pygmalion-Effekt", der auf Untersuchungen von Robert Rosenthal und Lenore Jacobson zurückgeht, beschreibt dieses Phänomen


Die sich selbst erfüllende Prophezeiung – wer diesen Moment nicht schon einmal selbst erlebt hat, kennt zumindest den Ausdruck. Der "Pygmalion-Effekt" in der Psychologie ist ein ähnliches Phänomen. Die Erwartung anderer Menschen beeinflusst das eigene Verhalten sowie die Leistung und wird damit zwangsläufig zum Ergebnis – im Berufsleben, der Schule und auch privat.


Dass der Pygmalion-Effekt kein unsichtbares Gedankenkonstrukt ist, zeigt sich bereits beim Namensgeber.

Der antike Pygmalion-Mythos von Ovid erzählt die Geschichte des gleichnamigen Bildhauers aus Zypern. Der ist einsam und schnitzt in seinem Atelier eine wunderschöne Frauen-Statue aus Elfenbein – Galatea. Sie gelingt ihm so gut, dass er sich in das Antlitz der Figur verliebt und die Göttin der Liebe, Aphrodite, anfleht, sie möge Galatea zum Leben erwecken. Die erfüllt seinen Herzenswunsch schließlich und Pygmalion und Galatea heiraten (Der "Pygmalion-Effekt" wird daher manchmal auch "Galatea-Effekt“ genannt).


In der Realität ist der "Pygmalion-Effekt" etwas unromantischer, aber nichtsdestotrotz ähnlich wirkungsvoll. Untersucht haben den Zusammenhang zwischen vorhandener Erwartung und entstehendem Ergebnis in den 1960er-Jahren Robert Rosenthal und Lenore Jacobson.

Die beiden US-Psychologen wollten mithilfe eines Experiments beweisen, dass Lehrerinnen und Lehrer mit ihren Erwartungen die Leistungen von Schülern unbewusst beeinflussen und damit auch steigern können.

Dafür wurde den Lehrern einer Grundschule vorgetäuscht, dass durch einen wissenschaftlichen Test diejenigen Schüler eine Schulklasse identifiziert werden könnten, die vor einem Leistungssprung in der Schulentwicklung stehen. Nach dem Erfassen des Leistungspotentials könne der Anteil bei rund 20 Prozent der Schüler liegen, so die Information für die Lehrer.

Hintergrund ist, dass es in den USA bei öffentlichen Grundschulen oft drei Züge gibt. Einen Klassenzug mit langsamen Schülern, einen mit mittel begabten Schülern und einen mit schnell lernenden Schülern.

Tatsächlich wurden die betreffenden Schüler aber in dem Experiment nicht aktiv per Testverfahren ermittelt, sondern von den Forschern willkürlich per Losverfahren ausgesucht. Mit dem Test wurde nicht das Potenzial für eine Leistungssteigerung bei den Schülern ermittelt, sondern deren Intelligenzquotient.

Acht Monate nach diesem ersten IQ-Test wurde der Test mit allen Schülern der Grundschule wiederholt.

Das Ergebnis: Die zuvor willkürlich ausgewählten Schüler hatten gegenüber den anderen Schülern eine deutliche Steigerung ihres Intelligenzquotienten.

Da niemand außer den beteiligten Lehrern die Information über das vermeintlich wissenschaftlich ermittelte Potenzial für eine mögliche Leistungssteigerung bei den ausgewählten Schülern hatte, gab es nur eine mögliche Erklärung.

Die Lehrer selber hatten mit ihren Erwartungen und ihrem Verhalten gegenüber den Schülern mit dem angeblichen Talent für die Leistungssteigerung gesorgt – so wie Pygmalion sich seine gewünschte Frauenfigur erschaffen hat.

Dazu gehört laut Rosenthal und Jacobson auch, dass das Urteilsvermögen der Lehrerinnen und Lehrer durch die vermeintliche Vorab-Talentauswahl entsprechend beeinflusst wurde.


Als weiterer Beleg für die Funktionsweise des Pygmalion-Effektes wird der "Versuchsleiter-Erwartungseffekt" gesehen. Hierbei wird davon ausgegangen, dass das Verhalten eines Versuchsleiters sich auf das Verhalten der Versuchspersonen oder auch Versuchstiere auswirkt – abhängig von den vorhandenen Erwartungen des Versuchsleiters.

"Hans, der Kluge" ist ein bekanntes Beispiel dafür.

Dabei handelt es sich aber nicht etwa um einen Menschen, sondern um ein Pferd. Der Hengst war Anfang des 20. Jahrhunderts angeblich dazu in der Lage, mit dem Einsatz seiner Hufe auf entsprechenden Tafeln mathematische Aufgaben zu lösen und zu zählen. Psychologen hingegen sind der Meinung, dass der Tierbesitzer durch sein eigenes Verhalten das Tier zu den Reaktionen gebracht hat.

Das hat auch Robert Rosenthal im Jahr 1963 versucht zu beweisen. Sein Experiment mit Studenten und Ratten ist als der "Rosenthal-Effekt" bekannt.

Hierbei haben zwölf Studenten jeweils fünf Ratten bekommen. Sechs Studenten erhielten die Info, dass ihre Ratten so intelligent gezüchtet seien, dass sie besonders schnell durch einen Irrgarten finden würden. Die anderen sechs Studenten erhielten die Info, dass ihr Ratten besonders "dumm" seien.

Tatsächlich waren alle Ratten genetisch vom selben Stamm. Die Gruppe der "schlauen Ratten" zeigte wesentlich bessere Leistungen und durchlief das Labyrinth schneller als die Kontrollgruppe der "dummen Ratten".

Rosenthal schloss daraus, dass das Verhalten der Studenten gegenüber den Ratten in dem Experiment die Leistung der Ratten beeinflusst hat.


Dass der Pygmalion-Effekt sich nicht nur auf den untersuchten Schulbereich beschränkt, gilt inzwischen als erwiesen. Das Phänomen der unbewussten Förderung von Talenten oder auch im negativen Fall der rückläufigen Entwicklung von Leistung findet sich sowohl im privaten, im sportlichen als auch im beruflichen Bereich.

Der Pygmalion-Effekt (oder: Erwartungseffekt) beschreibt nicht nur ein psychologisches Phänomen, sondern auch einen enorm unterschätzen Einflussfaktor: Die Macht der Vorurteile und Sterotype!

Beispiel Vornamen! Bis heute gibt es in deutschen Führungsetagen wenige Menschen, die „Ayse“ oder „Kevin“ heißen. Studien zeigen: Einer Person mit türkischem Migrationshintergrund (noch dazu weiblich!) wird hierzulande noch immer weniger zugetraut. Einem Kevin unterstellen viele zudem noch einen bildungsfernen Hintergrund.

Entsprechend gehen schon die Lehrer anders mit ihnen um. Diese falschen Annahmen prägen schließlich das Selbstbild und (geringe) Selbstvertrauen – womit sich die Erwartungen am Ende selbst bestätigen. Eine Abwärtsspirale entsteht.


So formuliert der bekannte Unternehmer Reinhold Würth, dass "eine Geschäftsleitung, die daran glaubt, 75 Prozent der Beschäftigten seien faul, schlecht qualifiziert und Diebe, genau diese Belegschaft bekommt."

Werde hingegen davon ausgegangen, dass 98 Prozent der Belegschaft einsatzfreudig und dem Unternehmen gegenüber positiv eingestellt sei, werde genau das passieren.


Gleiches wird von der Psychologie zum Beispiel für das Verhältnis zwischen Trainern und Sportlern angenommen oder auch im Verhältnis zwischen Partnern in einer Beziehung.

Wird in einem persönlichen Verhältnis eine positive Wahrnehmung und der Glaube an eine Person vermittelt, dann fördert das die Entwicklung dieses Menschen und die Beziehung zueinander.


Das Gegenteil des Pygmalion-Effekts nennt sich übrigens Golem-Effekt. Er besagt, dass Menschen, denen permanent negative Eigenschaften unterstellt werden, diese schließlich annehmen und auch danach handeln.

Kurz: Wem man immer nur sagt, kriminell zu sein, wird es irgendwann.


Ob der Pygmalion-Effekt dasselbe ist wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung – darüber besteht in der Psychologie noch kein Konsens. Immerhin kommt beim Pygmalion-Effekt der Einfluss von außen und bei der sich selbst erfüllenden Prophezeiung bei der jeweiligen Person von innen.


Tatsächlich wäre das relativ egal, solange dahinter dasselbe positive Ziel steht: am Ende wird alles gut – wie bei Pygmalion.

Quelle: geo.de


In diesem Sinne, vielen Dank fürs Lesen und viele Grüße,

Richard


P. S. Die maskuline Schreibweise dient ausschließlich der besseren Lesbarkeit. Angesprochen sind selbstverständlich immer alle Geschlechter.

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