Hypnosepraxis am Sachsenwald       Richard Petersen 

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Ghosting

Richard Petersen • 4. Oktober 2024

Plötzlich verschwunden

Eben noch da und plötzlich auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Wo ein plötzlicher Kontaktabbruch beginnt, fängt "Ghosting" an. Eine Person verschwindet geistergleich, löst sich scheinbar ohne Grund in Luft auf, reagiert weder auf Nachrichten noch Anrufe – und hinterlässt den anderen mit vielen offenen Fragen.


"Ghosting" ist ein Phänomen, das immer häufiger vorkommt. Jemanden ohne ein Wort aus seinem Leben zu streichen, keine Nachrichten mehr zu beantworten und sich stumm zu stellen, wird in unserer (digitalen) Gesellschaft inzwischen täglich praktiziert. 25 Prozent der Deutschen haben Umfragen zufolge schon mal Erfahrungen damit gemacht. Bei den 18- bis 33-jährigen Singles sollen es sogar 80 Prozent sein.

Aber das "Ghosting" ist nicht spezifisch einem Geschlecht oder einer Altersgruppe zuzuschreiben, es steht eng im Zusammenhang mit der Reife- und Kommunikationsfähigkeit von Menschen.  Es stimmt also nicht, dass hauptsächlich Männer "Ghosting" betreiben. Frauen und Männer versuchen gleichermaßen auf diese Weise, sich schnell und schmerzlos aus Beziehungen zurückzuziehen.

Menschen, die ghosten, haben oft Schwierigkeiten, sich mit anderen Menschen auseinanderzusetzen und eigene Bedürfnisse mitzuteilen. Sie vermeiden Konfliktsituationen und Auseinandersetzungen.

Oft beschränkt sich das "Ghosting" auf die virtuelle Welt. Jemand antwortet nicht mehr bei WhatsApp, ignoriert den vorher noch angeregten Chat auf der Dating-Plattform oder blockiert den anderen bei Facebook.


Der Begriff "Ghosting“ stammt aus den USA. 2015 wurde er ins wichtigste englischsprachige Wörterbuch aufgenommen. Die Autoren der „Collins“-Wörterbücher beschreiben das Phänomen als „das Beenden einer Beziehung durch den plötzlichen Kontaktabbruch“. Doch Ghosting gibt es nicht erst seit 2015. Auch die Generationen vor uns erlebten das wortlose Flüchten aus Beziehungen.

In Deutschland wird der Begriff inzwischen für vieles verwendet – selbst im Berufsleben wird mittlerweile von Ghosting gesprochen, wenn sich beispielsweise ein Unternehmen nach einem Bewerbungsgespräch gar nicht mehr meldet. Valide wissenschaftliche Studien gibt es zu dem Phänomen jedoch noch nicht.

Die Psychologie beginnt allerdings, sich eingehender damit zu beschäftigen, denn die Therapiepraxen füllen sich mit den Leidtragenden. Ghosting ist quasi epidemisch geworden. Für viele Menschen ist es das einfachste Tool, sich aus Beziehungen zu ziehen.


Betroffene vermuten den Fehler häufig bei sich. Sie quälen sich mit dem Gedanken, etwas falsch gemacht zu haben, würden dem Gegenüber gern etwas antworten – aber können nicht, weil der sie längst blockiert hat. Wer geghostet wird, bleibt im Ungefähren hängen, im Kopf ein Wollknäuel, unentwirrbar und voller loser Enden. Nichts scheint mehr zusammenzupassen. Lauter Fragezeichen. Was ist passiert? Was habe ich falsch gemacht? Hätte ich vielleicht…? Oder hätte ich besser nicht? Wie konnte ich mich so täuschen?

Antworten auf diese Fragen bleiben aus. Und so wird hinter die gemeinsame Zeit nie ein Punkt gesetzt.

Dabei ist es nachvollziehbar, den Fehler ganz bei sich zu suchen. Unser Verhalten haben wir schließlich noch in der Hand, können es verändern oder beeinflussen. Der andere jedoch ist weg. Doch das bringt das Opfer nicht weiter. Stattdessen bleibt es in der Vergangenheit kleben – im Denken, dass der andere vielleicht zurückkäme, wenn es bei sich nur etwas veränderte. Dann gäbe es wenigstens eine befriedigende Erklärung für alles.

Die Ohnmacht der Geghosteten, besser lässt sie sich kaum beschreiben.


Die Gründe für Ghosting haben aber viel weniger mit den Verlassenen zu tun als diese denken. Warum Leute andere ghosten hat vielmehr mit ihnen selbst zu tun, den Verschwindenden. Die Ghosts nehmen keinen Abschied, weil sie denken, dass das für sie nicht möglich ist. Wenn es zuvor nämlich undenkbar war, so etwas wie das Ende der Beziehung miteinander zu besprechen, wird stillschweigend Abschied genommen. Es kostet einfach zu viel Mühe.

Heutzutage werden Skrupel kleiner und Bequemlichkeiten größer.


Anders, als viele Ghosting-Opfer denken, ist der klammheimliche Abschied für die wenigsten Ghosts ein Machtspiel oder das hartnäckige Schweigen eine Strafe. Es ist viel Angst im Spiel, Angst vor Nähe, Angst vor Verbindlichkeit, auch Angst vor einer falschen Entscheidung.

Oder Scham spielt eine Rolle. „Vielleicht merkt der andere ja erst gar nicht, dass ich Beziehung, Nähe, Offenheit gar nicht kann – oder will...?“ Auch so denken viele Ghosts.

Manchmal sehen Menschen, die ghosten, die Gründe für ihr Verhalten darin, dass es einfach nicht gereicht habe – für eine Beziehung oder eine Freundschaft. Oder damit, dass sie den Zeitpunkt verpasst haben, etwas zu sagen. Der Ghosting-Moment ist dann oft nur die Steigerung eines Vermeidungsverhaltens im vorangegangenen Beziehungsalltag.


Ghosting ist übrigens für beide schmerzhaft, es belastet das Selbstwertgefühl beider Menschen. Auch der Ghost hat Schuldgefühle. Doch darüber reden? Für die Geister offenbar unmöglich. Das Ghosten ermöglicht den Verschwindern, sich nicht mit sich selbst zu befassen, mit ihren Wünschen und Erwartungen an eine Beziehung – oder mit den eigenen Unzulänglichkeiten. Bequem ist es also auch, einfach sang- und klanglos zu verschwinden.

 

Menschen, die sich um Erklärungen drücken, gab es schon immer. Dennoch sind sich Experten einig, dass das Angebot auf Dating-Plattformen solche Fälle verstärkt. Menschen sind dort wie Produkte im Supermarkt-Regal. Sie preisen sich als beste Wahl an, kommen aber wie austauschbar daher. Jeder kann an ihnen vorbei-sliden, sie zurücklegen ins Regal und schnell zu einem anderen, besser scheinenden Produkt greifen.

Rein in den Warenkorb und wieder raus, das tut nicht weh, ist verführerisch einfach.

Dies bringt Freiheit, aber auch eine große Ungewissheit mit sich. Aber im Notfall können ja mit einem Klick unangenehme Gespräche gekappt, lästige Nachfragen vermieden werden. Es gibt keine Tränen, keine Reue – weiter geht’s im Netz.

Das muss im „normalen Leben“ doch auch so gehen.


Egal welchen Alters oder welchen Geschlechts: Ghosting verstört, verletzt, traumatisiert zuweilen die betroffenen Personen. Innere Grundannahmen über sich selbst und über soziales Miteinander können tiefgreifend erschüttert sein.

Betroffene schildern Schwierigkeiten, sich wieder auf einen neuen Partner oder eine neue Partnerin einzulassen.

Manche beschreiben auch, dass diese Art des Verlassenwerdens alte Wunden aufgebrochen hat. „Ich hatte schnell wieder das Gefühl, nicht gewollt zu sein. Nicht schön genug, nicht nett genug.“ Nicht genug! Nur wofür?

Beziehung bedeutet gemeinsames Wachsen trotz oder gerade wegen Unterschieden, Verbindung finden, eingehen – und doch man selbst bleiben. Die Alten sagen, das sei manchmal harte Arbeit, aber die Digitalisierung gaukelt uns das perfekte Match vor, das keine Abstriche, kein komisches Bauchgefühl, einfach nur das Beste fürs Leben bietet. Man müsse nur gründlich genug danach suchen.


Was bei Jugendlichen nachvollziehbar ist, wird mit zunehmendem Alter irrational und problematisch. Wer plötzlich wegrennt, verschwindet oder den anderen kickt, entgeht schließlich auch der Auseinandersetzung mit sich selbst.

Warum hat es nicht geklappt? Was fehlt mir? Was brauche ich überhaupt in Beziehungen – und was nicht? Diese Frage sollten sich unbedingt auch die Geghosteten stellen, sagen Experten.

 

Dating-Plattformen, deren Kunden ja auch häufig Opfer von Ghosting sind, haben verschiedene Tipps für das Verhalten danach.

Findet es schon statt, bevor man sich überhaupt das erste Mal getroffen hat, also lediglich im Chat, dann gilt: abhaken und nicht mehr nachfragen, am besten den Kontakt löschen. Noch ist der Geghostete schließlich emotional nicht besonders involviert.

Hat man sich bereits kennengelernt aber noch keine tiefer gehende Beziehung begonnen, ist es ebenfalls empfehlenswert, einen Haken an die Sache zu machen und nach vorn zu schauen, sich nicht mehr zu sehr damit zu beschäftigen. Nach nur einem Date ist schließlich niemand zu etwas verpflichtet.

Auch bei Ghosting nach dem Sex sollten Betroffene die Schuld nicht bei sich suchen. Zwar fällt es oft schwer, dem anderen nicht „hinterherzulaufen“, doch Abstand ist genau die richtige Strategie, um als Opfer „gesund“ aus der Sache herauszukommen. Abstand und Ablenkung, z.B. durch Treffen mit Freunden, Dinge, die Spaß machen.

Kommt Ghosting in einer längeren Beziehung vor, trifft es die Geghosteten besonders hart. Sie sind völlig perplex, finden keine Erklärung, zerbrechen sich den Kopf. Verweigert der Partner das Gespräch, bleibt oft nichts anderes übrig, als die Beziehung zu beenden. Die Opfer dürfen sich immer bewusst machen, dass sie etwas wert sind und niemand eine solche Behandlung verdient hat.

Quelle: aok.de, barmer.de, malteser.de


Wenn Ghosting dich psychisch krank macht


Und noch ein wichtiger Tipp zum Abschluss: Falls du geghostet wurdest und du merkst, dass du psychisch darunter leidest oder sogar in eine Depression abrutschen könntest, nimm gerne schnellstmöglich professionelle Hilfe in Anspruch.

Du darfst mich zu diesem Thema sehr gerne ganz unverbindlich anrufen. Hypnose ist ein sehr kraftvolles Verfahren, um Trennungsschmerz, Trauer und Selbstwertstörungen zu überwinden.

Selbstverständlich sind auch andere Themen, die dich möglicherweise belasten, hier herzlich willkommen.


Weitere Hilfsangebote:

Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe berät Betroffene und Angehörige am Info-Telefon Depression unter 0800 3344533 (Mo., Di., Do. 13:00 – 17:00 Uhr & Mi., Fr. 08:30 – 12:30 Uhr).

Auf der Webseite der Deutschen Depressionshilfe findest du die Kontaktdaten von Kliniken, Krisendiensten, sozial psychiatrischen Diensten und Beratungsstellen in deiner Nähe.


Die Telefonseelsorge ist 24/7 unter dieser bundesweiten Telefonnummer erreichbar: 116 123.


In lebensbedrohlichen Notfällen solltest du unbedingt den Rettungsdienst unter 112 anrufen.


Vielen Dank fürs Lesen und viele Grüße,

Richard


P. S. Die maskuline Schreibweise dient ausschließlich der besseren Lesbarkeit. Angesprochen sind selbstverständlich immer alle Geschlechter.

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