Leg doch mal das Handy weg
Wenn dich die Handysucht vom realen Leben trennt
Die elektronischen Medien haben unsere Gesellschaft fest im Griff und längst Einfluss auf unseren gesamten Tagesablauf, unsere sozialen Kontakte und auf unser Familienleben genommen.
Für viele Menschen ist ein Leben ohne Computer, Smartphone und den vielfältigen Möglichkeiten moderner Kommunikationsmittel nicht mehr denkbar. Inzwischen gehört es eher zur Normalität, permanent „online“, und somit erreichbar zu sein.
Die exzessive, zwanghafte Nutzung von Computer, Internet und Smartphone wird zu den Verhaltenssüchten gezählt – auch „nicht-stoffgebundene“ Süchte genannt. Eine Sucht ohne Drogen.
Die Abhängigen sind nicht süchtig nach einer bestimmten Substanz, sondern nach Verhaltensweisen, die nicht mehr kontrolliert werden können.
Und wie bei der Drogensucht entwickeln sich schwerwiegende körperliche und psychische Folgen. Auch bei substanzunabhängigen Suchtformen können Betroffene in einen regelrechten Rauschzustand geraten. Zu den Verhaltenssüchten zählen unter anderem auch Kaufsucht, Spielsucht etc.
Ich beschränke mich hier auf die Handysucht, für die es inzwischen eine eigene Bezeichnung gibt.
Man spricht von der Nomophobie. Der Begriff ist die Kurzform für die englische Bezeichnung „No-Mobile-Phone-Phobia“ und bezeichnet eigentlich eine Angststörung, die auftritt, wenn Betroffene sich nicht mehr von ihrem Smartphone distanzieren können.
Die Betroffenen haben Angst, etwas zu verpassen und empfinden eine innere Leere, wenn sie nicht ständig an ihrem Smartphone sein können. Insbesondere junge Erwachsene und Jugendliche sind von der Nomophobie betroffen.
Die meisten Handysüchtigen finden sich im Alter von 18-25. Dabei sind Frauen häufiger von der Sucht betroffen als Männer.
Studien ergaben allerdings, dass 66 % aller Smartphone-Nutzer Anzeichen einer Nomophobie aufzeigen. 95 % aller Europäer schlafen mit ihrem Handy in einem Raum, 80 % aller Europäer haben es immer in direkter Reichweite und 77 % aller Europäer prüfen es in den ersten 15 Minuten nach dem Aufwachen. 44 % der Deutschen würden sogar lieber auf eine Niere als auf das Smartphone verzichten.
Erstaunliche Ergebnisse, insbesondere die Erkenntnis, dass Menschen eher auf ein Körperorgan zugunsten ihres Smartphones verzichten würden.
Eine große Sorge besteht zusätzlich, wenn man weiß, dass die Smartphone-Nutzer immer jünger werden und ständig unmittelbaren Zugriff auf jeden Content haben, der online abrufbar ist.
Wer sich jetzt noch nicht gruselt, dem sei das Buch einer Lehrerin aus Niedersachsen empfohlen, die beschreibt, was täglich in Schulklassen und auf Schulhöfen in Klassenchats geteilt wird.
Auch Beziehungen werden durch den ständigen Gebrauch des Smartphones mehr und mehr belastet. Immer mehr Menschen benutzen ihr Smartphone auch beruflich, obwohl sie eigentlich im Feierabend sind.
Das Wort „Phubbing“ beschreibt das Ignorieren einer Person, um sich auf das Smartphone zu konzentrieren. Unter dieser Abweisung leiden viele Beziehungen, da eine richtige und konzentrierte Konversation durch das Phubbing unmöglich wird und stets der Eindruck erweckt wird, dass die andere Person sich eher für das Smartphone interessiert als für sein Gegenüber.
Sidekick: Täglich sterben auf unseren Straßen Menschen, aufgrund ihrer Handynutzung am Steuer. Jährlich ca. 500 Menschen.
Wie zeigt sich eigentlich eine Smartphonesucht?
Die Symptome einer No-Mobile-Phone-Phobia können sich im Alltag auf vielfältige Weise zeigen und äußern sich bei jeder süchtigen Person anders.
Die meisten Personen mit einer Nomophobie stellen jedoch folgende Symptome bei sich fest:
- Angst
- Nervosität
- depressive Verstimmungen
- Begierde nach dem Smartphone
- Stress
- Herzrasen
- Schweißausbrüche
- Innere Unruhe
- Zittern
- Panik
Von einem Suchtverhalten im Zusammenhang mit modernen Kommunikationsmitteln zu sprechen, ist von außen allerdings nicht einfach zu beurteilen. Und der Weg zur Selbsterkenntnis mitunter ist lang.
Die Macht der Gewohnheit, das Kompensieren von Defiziten, Selbstdarstellungsdrang, Imponiergehabe, Einsamkeit oder Langeweile können ausschlaggebend für ein überbordendes Kommunikationsbedürfnis und dessen Folgen.
Das uns im Zeitalter der weltumspannenden Kommunikation die Fähigkeit, persönliche Gespräche zu führen abhandenkommen kann, scheint geradezu paradox.
Ob du gefährdet bist, an der Nomophobie zu leiden, kannst du hier testen.
Was kannst du gegen deine Nomophobie unternehmen?
Wenn man unter Nomophobie leidet, wird meistens eine Behandlung mit Psychotherapie empfohlen. Eine geeignete Therapieform für die Behandlung der Handysucht ist die Konfrontationstherapie, bei welcher Betroffene bewusst eine Situation ohne Smartphone erleben sollen.
Bei Beratungsstellen können Betroffene sich informieren und Hilfe in Anspruch nehmen. Darüber hinaus haben sich auch einige Selbsthilfegruppen auf das Thema spezialisiert.
Wie kann eine Hypnotherapie hilfreich sein?
Innere Leere, emotionale Verwahrlosung, Erschöpfung, Selbstzweifel und Perspektivlosigkeit sind oftmals der Hintergrund die den so genannten Verhaltenssüchten vorangehen. Betroffene, befinden sich meist in einem unkontrollierbaren Suchtkreislauf, in dem sie verzweifelt versuchen, persönliche Defizite über ein entsprechendes Suchtverhalten auszugleichen.
Selbst wenn dem Betroffenen sein Fehlverhalten bewusst ist, ein schlechtes Gewissen längst zum ständigen Begleiter
Was einer therapeutischen Intervention häufig entgegensteht, ist die Einsicht, an einer Sucht zu "leiden".
Fehlender Leidensdruck lässt keine Motivation aufkommen. Denn das eigentliche Leid entsteht ja erst, wenn Betroffene keinen Zugriff auf ihr Smartphone haben.
Denn was soll die innere Leere füllen? Was soll den Tagesablauf ersetzen, der vorher von der Befriedigung der Sucht oder dem Auffüllen der inneren Leere geprägt war?
Für Hypnotherapeuten liegt der Schlüssel für einen erfolgreichen Ausstieg aus einer Sucht prinzipiell in der Frage nach dem „Davor". In der Erinnerung an ein Leben, das nicht von Sucht bestimmt war.
Eine Hypnotherapie ist ein wunderbares therapeutisches Werkzeug zur Ich-Stärkung um verschiedene Suchtprobleme anzugehen. Durch die Aktivierung innerer Ressourcen kann ein neues Lebensgefühl geweckt und negative Verhaltensmuster und Ängste absorbiert werden.
In jedem Menschen steckt die Energie, sein Leben in neue Bahnen zu lenken – man muss es nur wollen.
Nachfolgend beschriebene Techniken können hypnotherapeutisch angewendet werden:
Analytische Methoden befassen sich mit den ursächlichen emotionalen Themen, die zu dem Verhalten des Betroffenen geführt haben.
Fragen des Lebensstils wie übermäßige Internet- oder Handynutzung, der Drang zum Spielen, das gewollte Abgleiten in virtuelle Welten können mit Hypnosetechniken wieder ins Gleichgewicht gebracht werden.
Einem Wiederauftreten der Zwangshandlungen und -gedanken wird vorgebeugt, indem die verursachenden Emotionen verständlich gemacht und eine Neuorientierung ermöglicht wird.
Durch hypnotherapeutische Techniken können Blockaden wie Wut, Trauer oder Scham bezüglich der Symptomatik gelöst werden.
Sei unbesorgt, eine Hypnotherapie hat nicht zum Ziel, dich von deinem Smartphone fern zu halten.
Sie soll dich dabei unterstützen, verantwortungsvoll und achtsam mit dir selbst und deinem Umfeld zu sein.
Glaub mir, es ist nicht schlimm, wenn du auch mal nicht online bist. Nicht immer sofort antwortest. Nicht immer sofort alles teilst oder kommentierst.
Auf diesen Artikel darfst du allerdings gerne reagieren :-) Du darfst ihn gerne kommentieren und teilen. :-))
Viele Grüße
Richard
P.S. Wann immer ich die maskuline Schreibweise verwendet habe, sind selbstverständlich immer alle Geschlechter angesprochen.