Die dunkle Triade
Die Dreifaltigkeit des Schreckens
Warum radikal rücksichtslose Menschen (manchmal) weiter kommen
Psychologen nennen die Kombination aus Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie die „dunkle Triade“.
Wer sie verkörpert, kommt häufig bestens durchs Leben – auch, weil niemand einen aufhält.
Es ist Dia de los Muertos (Tag der Toten) in Mexiko-Stadt. Die Vorfahren werden in der ganzen Stadt mit Symbolen der Vergänglichkeit gewürdigt, es geht laut und fröhlich zu.
Ein Mann mit Totenmaske und perfekt sitzendem Anzug schiebt sich durch die Menschenmassen. Der Feiertag ist ihm gleichgültig. Er hat nur ein Ziel. Zwei andere Männer zu töten. Diese planen, ein voll besetztes Stadion in die Luft zu sprengen. Der Mann will das verhindern, koste es, was es wolle.
Es ist Bond. James Bond. In „Spectre“ erledigt der Agent die zwei Männer, wie von ihm geplant. Er befördert sie ohne erkennbare Rührung ins Jenseits, wie schon so viele vor ihnen.
Als sein Chef wissen will, warum er das getan hat, auf eigene Faust, ohne Auftrag, lächelt Bond nur. Er habe doch lediglich längst überfälligen Urlaub genommen.
Anständig durch das Leben zu kommen ist nicht das Motto von 007, der unzählige Leben und unzählige Frauenherzen auf dem Gewissen hat. Selbstverständlich verfügt er über ausgezeichnete Umgangsformen. Er ist höflich, charmant, einnehmend sogar, pöbelt und rempelt nicht. Aber der moralische Unterbau dessen, was Anstand bedeutet, ist ihm weitgehend fremd.
Bond, so schreibt der australische Sozialpsychologe Peter Jonason in einer Analyse, verkörpert perfekt das, was Psychologen die „dunkle Triade“ nennen. Eine schillernde, verlockende, aber recht gefährliche Kombination aus den drei Persönlichkeitsmerkmalen Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie. Selbstherrlich, machthungrig und manipulativ sind solche Menschen im Kern.
Ihre Ziele stellen sie vor das Wohl anderer, sie setzen sie ohne Rücksicht auf Verluste um. Das gelingt ihnen im Vergleich zu anderen Menschen oft spielend leicht – nicht nur, weil sie es clever anstellen, sondern auch, weil niemand sie aufhält. Der fehlende Anstand weniger Menschen führt gerade deshalb zum Erfolg, weil alle anderen so anständig sind.
Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie werden als Persönlichkeitsmerkmale unter der dunklen Triade zusammengefasst. Doch was steckt hinter diesen Eigenschaften?
Dunkle Triade: Was so düster und gefährlich klingt, ist ein Konstrukt der Persönlichkeitspsychologie. Sie ist kein Krankheitsbild und auch keine Variante einer Persönlichkeitsstörung. Die klinischen Varianten der markanten Eigenschaften können echte psychische Krankheiten sein, die Triade bezieht sich aber gezielt auf Charaktermerkmale, die dimensional verteilt sind. Heißt: Jeder Mensch bringt in seiner Persönlichkeit Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie mit. Unterschiedlich ist lediglich die Ausprägung.
Übrigens wird in Kombination mit Sadismus auch manchmal von der dunklen Tetrade gesprochen.
Die Psychologen Delroy Paulhus und Kevin Williams von der University of British Columbia in Vancouver waren die Ersten, die die dunkle Triade erforschten. Ihnen gelang es zu zeigen, dass es sich um drei verschiedene Eigenschaften handelt, die aber oft zusammen auftreten. Wer hoch narzisstisch ist, neigt also auch eher dazu, starke psychopathische oder machiavellistische Züge in sich zu tragen.
Bei James Bond ist das so. Der Psychologe Peter Jonason attestiert ihm hohe Werte bei allen drei Eigenschaften.
Der Narzissmus zeige sich an Bonds Faszination für teure Autos, Anzüge und Uhren. Weil er so eitel sei, sitze sein Haar immer perfekt, und die Krawatte ziehe sich Bond sofort zurecht, nachdem er seinen jeweiligen Gegenspieler ausgeschaltet habe.
Sein starker Fokus auf sein Ziel und der Wille, es mit allen Mitteln zu erreichen, stehe für seinen Machiavellismus, und der psychopathische Zug zeige sich in seiner „licence to kill“, der Lizenz zum Töten. In der emotionslosen Art und Weise, Menschen zu schaden oder ihnen gar das Leben zu nehmen, wenn sie seinem Ziel im Wege stehen.
Jonason macht die dunkle Triade nicht ohne Grund an einem bekannten Filmcharakter fest. Der Agent symbolisiere sowohl das Charisma und die ungeheure Kraft und Zielstrebigkeit, die in solchen Menschen stecke, aber auch die potenzielle Gefahr, die sie verkörpern.
Im wirklichen Leben zeigt sich die dunkle Triade selten so in Reinform, dass andere sie schnell und sicher erkennen können. Zu wissen, wann man es mit einer dunklen Persönlichkeit zu tun hat, ist aber sehr wichtig. Denn es gibt weitaus mehr dieser Menschen, als man denken würde – und es ist klug, sich eher von ihnen fernzuhalten.
Für die Machiavellisten gibt es bislang keine Zahlen, aber etwa ein Prozent der Bevölkerung trägt starke psychopathische Züge in sich, schätzen Wissenschaftler. Als hoch narzisstisch gelten um die sechs Prozent.
Narzissmus
Neben einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung, die eine anerkannte psychische Störung ist, ist Narzissmus zudem ein Persönlichkeitsmerkmal.
Narzissmus zeigt sich durch große Selbstverliebtheit, maßlose Selbstüberschätzung und den übermäßigen Wunsch nach Bewunderung von anderen. Narzissten halten sich für etwas Besseres und anderen überlegen. Aus diesem Selbstbild entsteht der eigene unstillbare Drang nach Anerkennung. Mit Kritik, selbst wenn diese berechtigt und konstruktiv ist, können narzisstische Persönlichkeiten nicht umgehen. Merke: Je größer der Narzissmus, desto geringer das Selbstwertgefühl.
Narziss war in der griechischen Mythologie ein Mann, der nur sich selbst liebte. Sein Ego und seine Eitelkeit hinderten ihn daran, Gefühle für eine andere Person zu empfinden. Als er eines Tages zum Fluss ging, um sich zu erfrischen, sah er sein Spiegelbild im Wasser und dachte: “Wie schön ich doch bin, ich möchte mich ganz aus der Nähe sehen, um mich noch mehr an meiner Schönheit zu erfreuen”. Narziss näherte sich seinem Spiegelbild so sehr, um sich selbst zu bewundern, dass er schließlich ins Wasser fiel und ertrank.
Machiavellismus
Machiavellismus beschreibt einen manipulativen Menschen, der sein Umfeld ausnutzt und strategisch eigene Ziele verfolgt, ohne auf moralische Vorstellungen zu achten. Typisch ist ein zynisches Welt- und Menschenbild, das Gefühle, Interessen und auch Rechte anderer missachtet. Für seine Manipulation nutzt der Machiavellist alle Optionen, die ihm selbst nutzen. Menschen mit einer hohen Ausprägung an Machiavellismus streben nach Macht – ohne Rücksicht auf Moral. Sie gehen sprichwörtlich über Leichen und um ihre Ziele zu erreichen, gehen Machiavellisten meist sehr strategisch vor. Menschen, bei denen diese Persönlichkeitseigenschaft stark ausgeprägt ist, sind nicht selten sehr erfolgreich in der Politik und Arbeitswelt.
Die Bezeichnung wurde von Niccolò Machiavelli (ital. Philosoph und Diplomat 1469–1527) abgeleitet, der die These vertrat: Zur Erlangung und Erhaltung von Macht ist jedes Mittel erlaubt – ungeachtet von Recht und Moral.
Subklinische Psychopathie
Die Psychopathie ist die dunkelste der drei Facetten. Psychopathie ist ein Fehlen von Empathie, wodurch Rücksichtslosigkeit, Impulsivität und Aggressivität verstärkt werden. Psychopathen sind kaltherzig, angstfrei und emotional vollkommen distanziert. Ihnen ist egal, was andere denken oder von ihnen halten. Durch ihre Skrupellosigkeit setzen sie sich über Regeln und Grenzen hinweg, ohne darin etwas Falsches zu sehen. Ein schlechtes Gewissen kennt der Psychopath nicht.
Warum beschäftigen auch sich Unternehmen mit der dunklen Triade?
Seit einigen Jahren gibt es einen populären Diskurs rund um das Thema. Vielfach wird dabei darauf hingewiesen, dass Eigenschaften der Dunklen Triade gerade bei Top-Managern besonders oft vorkommen. In diesem Rahmen wird auch behauptet, dass mit der Dunklen Triade assoziierte Verhaltensweisen im Beruf hilfreich seien. Dies sei vor allem in Führungspositionen der Fall.
Das ist allerdings nicht unbedingt richtig. Einzelne Aspekte, wie die positive Selbstdarstellung eines Narzissten können tatsächlich am Arbeitsplatz nützlich sein. Demgegenüber können die meisten der vielfältigen Verhaltensweisen, die mit der Dunklen Triade einhergehen, eher Schaden verursachen. Zudem profitieren Unternehmen von den wenigen positiven Ausprägungen oft nicht isoliert. Sie kauften sozusagen die negativen Eigenschaften mit ein.
Tatsächlich deuten Studien darauf hin, dass es Menschen mit ausgeprägten dunklen Persönlichkeitseigenschaften eher in Führungspositionen schaffen. Sie zeigen dort aber nachweislich keine besseren Leistungen.
Darüber hinaus ist es mittlerweile gut erforscht, dass sich die dunklen Persönlichkeitsmerkmale eher negativ auf andere Mitarbeiter*innen auswirken. Auch aus diesem Grund kann es für Unternehmen wichtig sein, potenzielle Risikokandidaten bereits vor der Einstellung zu erkennen.
Mitarbeiter*innen leiden unter dem missbrauchenden Führungsstil, der diese Führungskräfte kennzeichnet. In der Folge zeigen sie weniger Einsatz und ihre Arbeitszufriedenheit sowie ihre Leistung sinkt. Die Dunkle Triade steht darüber hinaus in Verbindung mit Verhalten, das einzelne Mitarbeiter/innen direkt schädigt, wie beispielsweise Mobbing.
Quelle: Welt.de Gesundheit.de Karriere Bibel, Business Insider, hogrefe.com
Wenn du von dir selbst glaubst, eine „dunkle Persönlichkeit“ zu sein, kannst du hier einen Test machen. Dunkle-Triade-Persönlichkeitstest (idrlabs.com)
Damit genug des dunklen Themas, vielen Dank fürs Lesen und viele Grüße,
Richard
P. S. Die maskuline Schreibweise dient ausschließlich der besseren Lesbarkeit. Angesprochen sind selbstverständlich immer alle Geschlechter.